Shiatsu & Stille


VOR LANGER, LANGER ZEIT ...

Vor 1,5 Jahrzehnten rutschte ein ungestümer, suchender und wilder Junge über eine gewerberechtliche Notfallsituation in eine Shiatsu-Ausbildung, völlig lustlos, desinteressiert und grantig. Dem was-auch-immer-sei-Dank schenkte mir das Leben in dieser Ausbildung einen Lehrer, der ohne es zu wissen, die Impulse bis zum heutigen Tage initiierte - die Liebe zum Yoga und Shiatsu.

Es war ein durchaus "bescheidener" Morgen im 7tägigen Shiatsu-Retreat (die Auswirkungen des Räucherwerkes waren in Caput lateraldistal noch prägnant akut), die dynamische Osho-Meditation gelinde gesagt zum "davon laufen" und dann kam auch noch das Thema "Zen-Shiatsu". Hergottnocheinmal, war das langweilig, physisch die Hölle (damals war die Winkel- und Stellungslehre nicht "ganz so die Stärke des Jünglings"), das Allerletzte, was diesen wild suchenden Jungen interessierte; Eins-Druck, Zwei -tiefere Druck, Drei - Tiefer Druck, nächster Punkt, 50 Minuten. Mein Resümee damals: "na oida, ich brauch einen Spliff, so a Blödsinn, Zen ist für die japanischen Goldfische".

Jahre später stolperte dieser noch immer ungestüme Junge irgendwie unerklärlicherweise im wahrsten Sinne des Wortes über einen Zen-Meister, nämlich im Fitnessstudio beim Hantelschupfen. Ich habe Meister Ho-Joung Lee einfach nicht gesehen und schlicht niedergerannt, danach war erstmals alles anders, ich wurde sein erster Schüler in koreanischer Handakupunktur. Noch heute muss ich betonen, dass ich jede Psychotherapiestunde für meinen Meister zahlen würde, denn er hat den Wahnsinn in Person an seine Seite geholt.

So lehrte er mich die, im Verhältnis zur chinesischen Körperakupunktur, oberflächlich "recht einfache" koreanische Handakupunktur, so wie mich Dr. Eduard Tripp "voraussichtlich leicht zweifelnd und verzweifelnd" in die Welt des Zen-Shiatsu einführte. Irgendwie war ich fasziniert, dass ich wahrhaft "berührt" war, empfand ich nicht, Technik, möglichst spektakulär, Ergebnis, dass war damals wichtig für den Jungen.

WAS GESCHAH?

Es waren ganz wenige Momente und kurze Sätze, die wie eine duftend-verzaubernde Melodie tief ins Unterbewusstsein eindrangen, dort ihren Zauber versprühten und ihre Essenz in die Welt der Sinne strömen ließen.

Bei Edi Tripp war es sein Ausdruck im Handeln / im Geben von Shiatsu, diese absolute Entspanntheit, als ob es kein Ziel gäbe, als ob es keine Zeit gäbe, als ob es weder Edi noch die berührte Person gäbe und bei Meister Ho-Joung Lee war es eine jede Illusion zerschmetternde Aussage, klassisch koreanisch humorbefreit vorgetragen, mit stoischen Blick und ungerührter Miene: "Ich unterrichte dich nicht in Akupunktur, lerne meditieren und du kannst akupunktieren"; die erdacht verbale Antwort im Kopfe des Jünglings kann sich Jeder dies lesende erdenken: "Oida??? Wos??? I wü wissen, was wann wie wielange bei der und der G'schicht gstochn g'hört". Okay, ich habe ihm das verständlich in korrekter Wortwahl kundgetan, seine Antwort war ein Lächeln und STILLE, also hier meine ich STILLE, stundenlange STILLE - WAAAAAAAAH.

JAHRE SPÄTER ...
Was auch immer damals geschah, aus der Sicht des heute 42jährigen Körpers waren es Initiationen, nicht auf rationaler Ebene, es waren Impulse, denn ohne es zu verstehen, auch heute nicht, lösten Ihr Handeln, Ihre Art, Ihre unglaubliche herzliche Art und Weise etwas aus - ich begann Shiatsu, Akupunktur und Yoga aus der Perspektive des EinsSeins zu erforschen und zwar erbarmungslos, gnadenlos, von extremster Systematik bis totalem Verzweiflung, egal welcher Gegenwind aufkam, ich ruderte weiter, veränderte nichts und begann in einem tiefen Vertrauen dem Shiatsu eine Note des "immer die gleiche Behandlung" zu geben, ausnahmslos, egal welches Thema, immer gleich, 1, 2, 3, nächster Punkt, 1, 2, 3 nächster Punkt.

 

HEUTE

Heute ist Shiatsu für den Kopfhaarbefreiten, dafür nasenhaarreichen Körperbewohner nicht mehr jene Idee von Shiatsu als wortübertragene Definition (DaumenDruck), es ist ein Geschenk zwischen zwei erdachten Individuen, eine Begegnung, eine Berührung (die sich auflöst), getragen durch die Essenz des yogischen Pranayama, der Ausweitung der Dimension der Lebenskraft (durch kurzzeitige anfängliche Kontrolle des Chi / Prana). Es gibt einen unbeschreiblichen kosmischen Shiatsu-Behandlungs-Rhythmus, der nicht einmal als Fluss bezeichnet werden kann, eher als Stille. Diese Kontinuität im Druck, dieses stete Dahinwandern in den Punkten, diese komplette Verschmelzung der Atemrhythmen von Gebendem und Nehmendem bis hin zu jenem Punkt, an dem Kevala Kumbhaka (meditatives Luftanhalten) entsteht, jener Punkt nun, wo Behandler, Behandelter und Behandlung sich auflösen, wo totales Gewahrsein seine absolute Präsenz entwickelt.

Niemals zuvor hätte ich mir gedacht Folgendes zu schreiben "Shiatsu der Stille ist nichts als Leere, der Punkt, der alle Phänomene, Linien und Ideen erwachsen lässt, doch immer aus sich selbst heraus, für sich selbst und in sich selbst".

Ich danke aus tiefstem Herzen meinem Lehrer Dr. Eduard Tripp, meinem Meister Ho-Joung LEE.

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