ॐ / Schwingung und Rhythmus


Die Welt der Phänomene bis hin zu jener der Götter ist getragen  durch einen pulsierenden Rhythmus und harmonischen bis disharmonischen Schwingungen, die sich in uns und aus uns heraus Ausdruck verleihen, sinnlich wahrnehmbar in der Bewegung des Körpers, den Klang der Stimme, dem pulsierenden Schlag des Herzens, der Architektur, Kultur und den tänzelnden Spiel der Gedanken und Emotionen.

 

Auf physischer Ebene ist, wenn der Impuls des Prana den Körper küsst, dein Atem der erste Ausdruck der inneren Schwingung. Wie du atmest, so wird sich dein Geist und Körper durch den Raum bewegen. Diese Atmungsschwingung ist wie ein Regentropfen der auf die Oberfläche deines psycho-physischen Ozeans trifft und eine Welle erschafft. Folgt nun der zweite Regentropfen in einem harmonischen Rhythmus wird dein Atem fein und gleichmäßig und dieses Schwingungsbild wird weitergeführt in die Welt deines Geistes, der ob seiner Tätigkeit Gedanken zu produzieren, stiller Natur sein wird. Genauso wie dein psycho-physischer Auftritt auf der Bühne der Phänomene dieses innere Schwingungsmuster in die Aktualität führt.

 

Anmerkung: Yogis mit sehr feiner Pancha sthula Prana / innerer Vayu Praxis, werden jedoch erkennen, dass nicht der Atem der erste Impuls ist, sondern das der Atem der Bewegung des Pranas folgt, was bewirkt, dass das vollständige Zurückhalten des Pranas zu einem völligen Atemstillstand (kevalakumbhaka केवलकुम्भक) führt. Diese Erkenntnis-Wahrnehmung war eine der prägendsten meiner Yogapraxis. Dies drückt sich auch im zweiten Sutra von Patanjali aus:  योगश्चित्तवृत्तिनिरोधः || 1.2 || yogaś citta-vṛtti-nirodhaḥ || 1.2 || "Yoga ist das Zuruhebringen der Bewegungen / Fluktuaktionen des Bewusstseins (Gedanken)".


Dies könnte man auch als Bewusstseins-Zustand bezeichnen, in dem Sinne, sich vollkommen bewusst zu sein, dass die äußeren Eindrücke, die Welt des sinnlich Wahrnehmbaren jedweder Schwingungsebene, von fein bis grob, ausschließlich im Inneren wahrgenommen werden und entsprechend des Bewusstheitsgrades re-aktive Muster ausgelöst werden.

Innerer Rhythmus

 

Wer das Glück hat, inmitten der Natur zu leben wird eine wahre Symphonie des Lebensklanges wahrnehmen können, eine Symphonie getragen durch einen kosmischen Rhythmus, einen Ein-Klang. Speziell wenn ich 6 Monate lang draußen schlafe empfinde ich eine tiefe Verbundenheit und Harmonie mit der Natur, vielmehr nehme ich mich im rhythmischen Einklang mit dieser war, als Teil. Alles hat seine Zeit, alles hat seinen speziellen Klang und Schwingungen, welches sich im Spiel der Farben, der Pflanzen und Tiere, der Jahres- und Tageszeiten widerspiegelt - unberührt vom Menschen ist ein Wald, eine Wiese pure Harmonie und du wirst spüren, wie deine Gedanken sich beruhigen, du "irgendwie" Kraft zu schöpfen beginnst, doch auf feinerer Ebene begibst du dich zurück in deinen natürlichen Klang, Rhythmus und Schwingung.

 

Speziell in Städten bemerkt man, wie viele Menschen ihren inneren Klang und somit Rhythmus (pulsierender Motor) und Schwingung (psycho-physischer Ausdruck) geradezu verloren haben, wie die Idee des Selbst genannt das "Ich" dem irrwitzigen Gedanken auferliegen, aus dem "Ich" heraus Harmonie entwickeln zu können. Künstliches Licht verwandelt die Nacht zum Tage, Sound aus den Headphones überlagert die Stille des Naturklanges, die Idee zu jeder Tages- und Nachtzeit und jeder Jahreszeit und an jedem Ort alles tun zu können, was einem in die Sinne kommt und auch die physische Geschwindigkeit und Informationseinflußübertragung,  bewirkt den höchsten Grad an disharmonischem Klang, nämlich der Idee "Ich-Kontrolle über das Leben" zu haben. 

 

Dies ist kein Aufruf wieder in die Höhle der Steinzeit zurückzukehren, es ist eine Beobachtung aus der Stille. 

 

Innere Klang-Stille

 

Alles Äußere, ob Lärm, Menschen, Akustik oder Visuelles wird in unserem Inneren verarbeitet und entsprechenden unserer Muster bewertet, was letztendlich ein Reaktionsmuster von positiv über neutral bis negativ auslöst. Das ist die simple Funktion unseres Verstandes. Wenn man jedoch seine innere Klang-Stille "verloren" hat, in dem Sinne, dass man in den Zug des "lauten Reaktionsmusters" eingestiegen ist und im Autopilot nun im ICE-Style durch die fiktive Gedankenweltgeschichte düst, mit dem absurden Glauben, dass sich die Landschaft linker und rechter Hand irrwitzig schnell bewegt, hat man den Kontakt zum bewegungslosen Beweger, zum Selbst, zu seiner wahren Natur, verdeckt.

Wer jedoch konstant in seiner inneren Klang-Stille ruht, wird die kosmische Symphonie des Einklangs selbst im Trubel und Jubel verwirklichen, erkennend, das hinter jedem phänomenalen Klang, welcher die Zwei, also die Reibung und Bewegung, braucht, ॐ ist, denn alles spielt sich in, für und aus Turiya ab.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0